13.08.2020 von Mag. Roland Nagel, MBA.

Was wäre die Gesellschaft ohne Hoffnung, ohne den Glauben an eine nachhaltig mögliche Veränderung zum Besseren? Jetzt ist die Zeit sich bewusst zu werden, dass es ein Leben nach der Krise gibt! Wir lernen das Wichtige vom Unwichtigen in einer neuen Dimension zu unterscheiden. Aber wagen wir einen Blick in die Zeit danach, in der politische Entscheidungsträger sicher verstärkt lernen zwischen Wesentlichen und Unwesentlichen zu unterscheiden.

Krisen reißen uns als Gemeinwesen aus der Gleichgültigkeit und wecken Kraftreserven. Ganz vorne im Einsatz die unermüdlich professionell agierenden Pflegekräfte, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und ganz einfach mehr als ein unüberhörbares Dankeschön verdienen. Gerade in herausfordernden Zeiten wird es für unser Gemeinwesen deutlich sichtbar wo sich die systemrelevanten Arbeitskräfte des Landes befinden. Die Pflege ist ohne Zweifel immens bedeutsam für unseren inneren gesellschaftspolitischen und sozialen Zusammenhalt!

Die Pflege und deren vielfältige Dienstleistungen und Spezialisierungen sind das Rückgrat des österreichischen Gesundheitswesens. Sie verkörpert eine Profession, eine Berufung, eine Leidenschaft, deren Aufgabe in der Umsetzung gesellschaftlicher Werte liegt. In jeder Krise steckt auch immer der Keim einer Chance, den es gilt zum nachhaltigen und gesunden Wachstum zu verhelfen. Diese Tatsache möge auch die Pflege als mit Abstand größte Gruppe im österreichischen Gesundheitswesen nutzen.

Pflege als bloßer Kostenfaktor?

Makroökonomisch betrachtet ist in Österreich ein struktureller, systematischer Entwicklungsbedarf gegeben und die Organisation sowie die gesamte Finanzierung neu zu überdenken! Gleichzeitig ist der mediale und politische Fokus meines Erachtens nicht zur Gänze auf die Kostensteigerungen in der Pflege zu lenken, sondern im gleichen Atemzug sind die zahlreichen Wertschöpfungsketten zu beleuchten. In der Pflege arbeiten zurzeit mehr als 150.000 Personen, die sozialversicherungspflichtige Gehälter bekommen. Oder denken wir nur an die Fülle an Zulieferbetrieben bei Krankenhäusern, Pflegeheimen und in der mobilen Pflege. An die Medizinprodukte die am Markt vorhanden sind und regelmäßig Anwendung finden, …

Verbesserungen jetzt angehen

Seit langer Zeit sind die zahlreichen Baustellen in der Pflege bekannt. Die Rahmenbedingungen sind zu verbessern, d.h. die regelmäßige Reflexion des eigenen pflegerischen Handelns ist zeitlich zu ermöglichen, um Lerneffekte zu erzielen und einen fachlichen Austausch zu fördern. Die Bezahlung in einem ersten überfälligen Schritt ist in allen Pflegesettings bei gleicher Qualifikation gleich umzusetzen. Eigentlich eine unfassbare Tatsache, die offensichtlich niemanden wirklich beeindruckt. Solcherlei Ungleichbehandlung kann man sich in einer anderen Branche gar nicht vorstellen.

Eine bundesweit akkordierte Imagekampagne, die von den Praktikern der Pflege getragen ist und den Maßstab der Glaubwürdigkeit in sich trägt, muss gestartet werden. Das Gesundheits- und Sozialwesen darf in Österreich nicht getrennt gedacht und organisiert werden – Stichwort Finanzierung aus einer Hand, die demografische Entwicklung und die damit anwachsende Multimorbidität darf nicht übersehen werden, Versorgungsdefizite, die strukturell und mangels eines optimierten Schnittstellenmanagements bestehen, sind rasch zu bereinigen, …

Die Pflege muss verstärkt sichtbar werden!

Die Pflege als Profession hat vermehrt selbstbewusst aufzutreten und ihre Stimme klar und deutlich zu erheben. Das Ausmaß der vielfältigen Kompetenzen muss sowohl in der Fachöffentlichkeit wie in der breiten Öffentlichkeit thematisiert werden, denn wer sich als Berufsgruppe nicht selbst definiert, der wird definiert! Nur wenn die breite Öffentlichkeit weiß, was die Pflege leistet, erreichen wir auch den Stellenwert, der uns allen zusteht. Es geht auch darum den Stolz auf seinen Berufsstand zu artikulieren und sich für diesen sichtbar und nachhaltig einzusetzen. MultiplikatorInnen die „Klarheit, Mut und Tatkraft“ in die Tat umsetzen. Hier hat sich die Pflege-Community zu formieren und gemeinsam neue Wege zu bestreiten und aufzuzeigen!

Verantwortungsbewusste Pflegepolitik

Wir brauchen als Gesellschaft verantwortungsbewusst handelnde politische Entscheidungsträger, die einen deutlichen Anstieg der Lernkurve in der Pflegepolitik hinlegen. Hier war der Start der Aktivitäten rund um Minister Anschober auf alle Fälle hoffnungsvoll und zu begrüßen. Es ist von großer Bedeutung den begonnenen offenen Dialog fortzusetzen, maßgebliche PflegexpertInnen in die angedachten Workshops im BMGSPK einzuladen und sich letztlich mit den Ländern über die zu treffenden Maßnahmen zu einigen. Die Coronakrise hat uns als Gemeinwesen in der Pflegedebatte wertvolle Zeit geraubt. Jetzt müssen wir umso konsequenter in das TUN kommen, denn die Zeit drängt.

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