04.06.2020 von Mag. Roland Nagel, MBA.
Die Krise rund um „COVID 19“ verschärft letztlich die alten Schwächen im heimischen Pflegesystem. Gleichzeitig werden die Pflegeprofessionisten (DGKP, PFA, PA) weiterhin strukturell behindert und blockiert, obwohl doch die Systemrelevanz nun erkannt wurde?! Der Bedarf an Reformen im größten Sektor des österreichischen Gesundheitswesens, der Pflege ist enorm.
Ein weiteres Zuwarten der so dringend nötigen Pflegereformen ist ein schlechter Dienst an der Zukunft eines leistungsstarken Gesundheitssystems, in einem Land indem die Alterskohorte der über 80jährigen sich bis 2050 verdreifachen wird.
Jetzt wird es Zeit die Herausforderungen anzunehmen und zu handeln. Denn die Pandemie wird nicht morgen und auch nicht übermorgen restlos verschwunden sein und korreliert nicht zwingend mit Wiedereröffnungen von Shopping Malls, … Eine erwachsene Form der Eigenverantwortung mit sich und seiner Umwelt ist daher gefragter denn je.
Die Ausnahmesituation der „Coronakrise“ zeigt uns wieder einmal auf wie bedeutsam ein enger Zusammenhalt in der Gesellschaft generell ist. Unser Miteinander & Füreinander darf nicht bloß ein Schlagwort sein, sondern eine tatsächlich erfahrbare Solidarität, die als Gradmesser unserer demokratischen Reife verstanden werden kann. Was wirklich von Bedeutung ist wird meistens in einer Krise sichtbar.
Eines ist auf alle Fälle klar. Die Gesellschaft und die momentane Pflegelandschaft ist auf die demografischen Herausforderungen und den Grad der Multimorbidität nicht ausreichend vorbereitet. Die Pflegekräfte werden nach wie vor in den verschiedenen Pflegesettings unterschiedlich bezahlt, trotz gleicher Qualifikation. Die Rahmenbedingungen im täglichen pflegerischen Tun haben sich um nichts verbessert und der Personalbedarf liegt nach wie bei 76.000 zusätzlichen Pflegeprofis bis 2030. Von einem bundeseinheitlichen Personalschlüssel in der Langzeitpflege sind wir weit entfernt und ein und dieselbe pflegerische Dienstleistung kostet für den Endkunden in jedem Bundesland unterschiedlich viel. Es fehlt eine konstruktive Zukunftsansage, die getragen ist von Glaubwürdigkeit und dem unbändigen Willen das Pflegesystem zukunftsfit zu gestalten!
Blockaden für die Pflege endlich beseitigen
Gleichsam werden die Pflegefachkräfte in Österreich weiterhin blockiert und strukturell behindert. Der Bedarf die vorhandenen Potentiale der Pflege sinnhaft einzusetzen und nutzbar zu machen ist offenbar für die politischen Verantwortungsträger nicht erste Priorität.
Wie sonst sind strukturelle Behinderungen von diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen (DGKP`s) die bis heute eine Weiterverordnung von Medizinprodukten (§15a GuKG) nicht in der Praxis umsetzen können zu erklären? Hier hat man sich nach vier Jahren des Inkrafttretens des Berufsrechts (GuKG 2016) noch nicht durchgerungen eine praktisch anwendbare Lösung zu finden. Oder warum können freiberufliche DGKP`s nach wie vor ihre wertvollen Leistungen mit der Sozialversicherung nicht abrechnen? Warum schafft man hier kein abrechenbares Leistungspaket, wie in anderen Gesundheitsberufen üblich? Und wie kommen eigentlich die pflegebedürftigen Menschen dazu die meist über Jahrzehnte Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt haben letztlich die Kosten dieser Kurzsichtigkeit zu begleichen?
Gerade jetzt bedarf es den Mut die Dinge beim Namen zu nennen und die Klarheit in der Kommunikation, um den Boden für eine erfolgreiche Pflegereform aufzubereiten. Vom kurzfristigen Applaus alleine haben die Pflegenden dieses Landes nichts.